Himmelstürmend, prachtvoll und vor allem feierlich

Schwetzingerstadt: Jens Korndörfer spielt auf 20-jähriger Göckel-Orgel in Heilig-Geist-Kirche

Himmelstürmend, prachtvoll und vor allem feierlich

Zugegeben: 20 Jahre, das ist kein Alter für eine Orgel. Aber es muss auch junge Pfeifenklaviere geben, und das nicht nur, damit die Zunft der Instrumentenbauer weiter existieren kann. Und weil die Geschichte lehrt, dass die Technik des Orgelbaus auch nach Silbermann und Cavaillé-Coll noch Fortschritte machen konnte, muss eine moderne Orgel nicht immer die schlechtere sein. So konnte sich das Publikum des ersten Konzertes im Jubiläumsjahr der Göckelorgel in der Heilig-Geist-Kirche zu Recht auf einen eindrucksvollen Orgelnachmittag einstellen. An den Tasten saß der 1978 geborene Kirchenmusiker Jens Korndörfer, der in Bayreuth, am Pariser Conservatoire und in den USA sein Studium des Konzertfaches Orgel mit den höchsten Auszeichnungen abschloss. Dass er seinen Lehrern Bouvard, Latry und Christie alle Ehre macht, zeigte sich denn auch in dem sensibel intonierten Konzert am Dreikönigstag. Auf den Schwingen der Werke von Louis Marchand, Charles-Marie Widor, Arthur Foote, George Chatwick, Max Reger, Marcel Dupré, William Albrigth und natürlich dem obligatorischen Meister des Barocks, J. S. Bach, ließ Korndörfer sein Publikum in höhere Sphären gleiten. Himmelstürmend, prachtvoll und festlich prunkte das Allegro aus Widors Symphonie Nr. 6 in g-moll zwischen dem zart und ruhig sich vortastenden Benedictus Regers und der weich abschattierten Pastorale Chadwicks. Lyrische Momente durchwirkten auch Footes "Oriental Sketch", der sich bei aller Freude an klangvollen Exotismen, doch vor allem als Romantiker offenbart. Weit größer ist seine Nähe zu dem Tschaikowsky des "Nussknackers" als zu den Impressionisten, die 1889 durch die Weltausstellung in Paris ihre Inspiration erhielten. Zu Ende des empfindsam zusammengestellten Konzertprogrammes musste Dupré mit seinem "Thema und zehn Variationen über ein altes französisches Weihnachtslied" begeistern. Einmal schwer, einmal leicht schauderten und kugelten hier die Tonkaskaden wie Regengüsse prasselnd aus den Höhen nieder. Wie ein Lied aus einer Drehorgel, eine Melodie, die von einem Kinderkarussell verströmt wird, irrlichterten pastellene Träume durch den Kirchenraum. Ruhig und enthusiastisch, lustig und lieblich, wie von einem Windhauch getragen, flutete das Gold der Göckelorgel aus Korndörfers Händen. Er ist ein durch und durch überzeugender Interpret: technisch versiert und zugleich empfindsam und geistvoll. So macht Orgelmusik Freude - und strahlt über das Konzertereignis hinaus.

Astrid MaderMannheimer Morgen