Der Herr der Orgel spielt „Herr der Ringe“ in Nördlingen

Augsburger Allgemeine

Jens Korndörfer präsentiert sein Können in der Nördlinger St. Georgs-Kirche. Der Amerikaner, der sonst in Paris oder London auftritt, zeigt, was eine Orgel alles leisten kann.

Angelehnt an Gershwins „Ein Amerikaner in Paris“ hat Kirchenmusikdirektor Udo Knauer das Konzert des Organisten Dr. Jens Korndörfer in der Nördlinger St. Georgs-Kirche anmoderiert. Jens Korndörfer ist dieser „Amerikaner“, Director of Worship and the Arts und Organist an der First Presbiterian Church in Atlanta ( USA) sowie Lehrbeauftragter für Orgel und Orchester an der Georgia State University.

Er hat seine musikalischen Wurzeln an der Hochschule für Kirchenmusik in Bayreuth, studierte am wohl renommiertesten Orgel-Lehrinstitut der Welt, dem Pariser „Conservatoire National Supérieure“, dann in Kanada und in den USA. Überall schloss er seine Studien mit höchsten Auszeichnungen ab. Jens Korndörfer konzertiert regelmäßig in renommierten Kirchen wie der Westminster Abbey in London oder Notre Dame in Paris, sowie in Kirchen, Konzertsälen und Festivals überall auf der Welt und mit Orchestern wie dem Atlanta Symphony Orchestra und dem Sapporo Symphony Orchestra.

Feine Empfindungen, leise Irrlichter und Mondschein in Noten

Dennoch war die Nördlinger St. Georgs-Kirche trotz Corona nicht ausverkauft. Aber die Besucher, die vor Ort waren, durften einen bestens aufgelegten Künstler erleben, der die Möglichkeiten an Volumen, Registern und Klangfarben von Haupt- und Seitenorgel komplett auszureizen verstand. Schon mit dem Beginn, sinnigerweise mit dem Finalsatz aus Louis Viernes „Symphonie Nr. 3“ war zu erleben, was die Orgel an Power zu leisten imstande ist.

Die anschließenden drei Sätze aus den Vierne’schen „Pieces de Fantaisie, Suite Nr. 2“ zeigten die ganz feinen Empfindungen, die Jens Korndörfer dem Instrument entlockte, leise Irrlichter und Mondschein in Noten, endend mit einer Toccata, die dann den vermeintlichen Höhepunkt einleitete, einem Medley aus dem „Herrn der Ringe“.

"Variations on America": "fast so viel Spaß (...) wie Baseball spielen"

Trotz aller Meisterschaft des Orgelspiels konnte man deutlich spüren, dass der Komposition schlichtweg die musikalische Tiefe zu fehlen scheint: Nimmt man dieser Musik die Filmmusik-typische Schwülstigkeit, bleibt leider nicht mehr viel Substanz übrig. Ganz anders und explizit zu beobachten beim darauf folgenden Stück des französischen Komponisten und Organisten Thierry Escaich, „Eaux natales“ (in etwa: „Heimat-Gewässer“), das vom Rinnsal bis zu ganzen Kaskaden von Wasser in und aus allen Ecken des Gotteshaues strömen ließ: zauberhaft!

Die abschließenden „Variations on America“ des amerikanischen Komponisten Charles Ives, die dieser 1891, erst 17-jährig, schuf und deren überaus bekannte Melodie die Grundlage der britischen Nationalhymne ist, interpretierte Jens Korndörfer trotz der großen musikalischen Herausforderung so, wie es der Komponist selbst einmal behauptet hatte, nämlich, dass es „fast so viel Spaß macht wie Baseball spielen.“

In Nördlingen präsentierte Jens Korndörfer dieses Stück so leichtfüßig, und hintergründig witzig, dass man es durchaus als Satire auf die aktuellen Zustände „on America“ verstehen konnte. Großer Applaus zum Schluss und eine Zugabe zum nochmaligen Zunge schnalzen: „Carillon de Westminster“, wieder von Komponist Louis Vierne und wieder meisterhaft dargeboten von einem Organisten, an den man sich in St. Georg noch lange erinnern wird.

Peter UrbanAugsburger Allgemeine